Copyright Übersetzung von Buchkapiteln

Liebe Community,
eine unserer Forschenden hat im letzten Jahr einen Beitrag in einem Sammelband verfasst, der bezahlpflichtig bei Beltz-Juventa erschienen ist. Sie möchte diesen Beitrag nun gerne einem internationalen Publikum zugänglich machen und ins Englische übersetzen. Das Dokument soll Open Access über das Repositorium unserer Hochschule veröffentlicht werden. Der Verlag selbst beabsichtigt keine englischsprachige Fassung zu veröffentlichen.

Kann man in einem solchen Fall nachvollziehbar argumentieren, dass durch die Übersetzung ein neues Werk geschaffen wird und das dann auch liberaler lizenziert werden könnte (CC)? Der Inhalt wäre zwar derselbe, aber alle Leistungen, die der Verlag an dem Original-Beitrag erbracht hat (Lektorat, Layout usw.) müsste die Wissenschaftlerin selbst übernehmen. Mit anderen Worten: Muss der Verlag als Inhaber der exklusiven Nutzungsrechte einer OA-Veröffentlichung zustimmen? Vorab würden natürlich die Herausgeber_innen über das Vorhaben informiert werden.

Ich freue mich auf eure Antworten! :slight_smile:

Viele Grüße
Joachim Dinter

Lieber Joachim,
aus meiner Sicht muss für eine Übersetzung, die ja eine Bearbeitung darstellt, die Genehmigung beim Rechteinhaber eingeholt werden. Das Argument für CC BY-ND lautet ja häufig, dass viele Autor*innen eben nicht wünschen, dass „unkontrolliert“ Übersetzungen Ihrer Werke erstellt werden und wählen daher diese CC-Lizenz. In deinem Beispiel zeigt sich natürlich die Problematik im Closed Access-Modell, wenn nachträglich Übersetzungen erstellt werden sollen und der Verlag dem möglicherweise nicht zustimmt.
Im CC FAQ auch der Hinweis, dass Übersetzungen eine Bearbeitung im Sinne des Urheberrechts darstellen:
FAQ - CC Germany (creativecommons.net)
Genauer wird es auch in dem Praxisleitfaden von Till Kreutzer beschrieben, der Verweis findet sich auch im verlinkten FAQ-Abschnitt.
Da nach der Logik der CC-Lizenzen ja zusätzliche Rechte an die Allgemeinheit übertragen werden und nicht neue Einschränkungen generiert werden, sind die einschränkenden Module ja Darstellungen der gesetzlichen Einschränkungen. Meint hier also: Das Ursprungswerk ist Closed Access und steht nicht unter einer CC-Lizenz, die Bearbeitungen erlaubt, insofern müssen die Rechte dafür beim Rechteinhaber (Verlag) eingeholt werden.

Viele Grüße
Elena (Di Rosa)

Liebe Elena,
vielen Dank für deine Einschätzung. Ich habe mir schon gedacht, dass es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handelt und der Verlag als Rechteinhaber das letzte Wort hat. Schon richtig ärgerlich, wenn Beltz darüber entscheidet, ob die Forschungsergebnisse der Autorinnen einem internationalen Publikum zur Verfügung gestellt werden können oder nicht. Da wäre ein Zweitveröffentlichungsrecht für Bücher oder Buchbeiträge sehr hilfreich. Aber mal abwarten, vielleicht ergibt sich ja etwas in den Verhandlungen. Deine Hinweise gebe ich auf jeden Fall gerne an die beiden Verfasserinnen weiter.

Viele Grüße
Joachim (Dinter)