Liebe Julia Heitmann-Pletsch,
ich kannte den Verlag IntechOpen bisher nicht. Ich kann auch keine eindeutige Einschätzung zum Verlag geben, würde den Verlag aber nach genauerer Betrachtung der Verlagswebseite und einiger publizierter Bücher sowie des Lesens einiger Berichte mindestens als fragwürdigen Fall einstufen.
Hierzu aber vorab der Hinweis, dass ich grundsätzlich eine binäre Einteilung in predatory/schlecht und nicht-predatory/gut für nicht geeignet halte, sondern die Einordnung von Verlagen und Publikationsorten hinsichtlich der Seriosität und Qualität eher im Sinne eines Schieberegelers mit vielen Abstufungen für angemessen halte.
Die Webseite macht einen professionellen Eindruck; dies ist etwas, das bei nachweislichen Raubverlagen und -journalen (bspw. Omics und Waset) häufig bei genauerem Blick nicht der Fall ist. Fragwürdig finde ich allerdings die Selbstbezeichnung des Verlags als „world’s leading publisher of Open Access books“ sowie die Behauptungen „Visibility on the world’s strongest OA platform“, „Proven world leader in Open Access book publishing with over 10 years experience“ und „Most competitive prices in the market“. Fragwürdig ist auch, dass für das Herunterladen der Volltexte oftmals eine Angabe von persönlichen Daten notwendig ist (Beispiel). Der anspruchslose Satz der Volltexte und die Verwendung von vermutlich Stockfotos als Coverabbildungen ohne inhaltlichen Bezug macht mich weiter skeptisch; hierzu muss ich aber anmerken, dass qualitativ minderwertiger Satz und eine insgesamt billig wirkende Aufmachung aber auch bei als reputabel angesehenen Verlagen der Fall ist, meiner Meinung nach bspw. bei Routledge. Die Inhalte der Bücher aus Bereichen, die ich beurteilen kann, haben mich auf den schnellen Blick auch nicht überzeugt. Mitunter sind Kapitel und einzelne Absätze in Kapiteln sehr kurz und wenig stichhaltig. Die Sammelbände wirken mitunter auch wie recht willkürliche Zusammenstellungen, bei dem dann der kleinste gemeinsamen Nenner als Titel des Sammelbands gewählt wird. (Auch das habe ich aber bereits bei vielen anderen Verlagen gesehen, es ist vielleicht eher ein Phänomen von Sammelbänden.) Einige Sammelbände haben nur drei Kapitel, andere mehr als fünfzehn. Es wirkt so, als würden eben so viele Kapitel aufgenommen, wie sich Autor:innen gefunden haben.
Und zahlreiche Berichte in Austauschforen etc. legen auch nahe, dass der Verlag proaktiv Autor:innen für Bücher und Aufsätze anzuwerben versucht, um vorab definierte Bücher zu publizieren bzw. Sammelbände zu füllen. Ich sehe in solch einer Vorgehensweise grundsätzlich einen Grund zur Skepsis, allerdings gibt es dies bei anderen, durchaus bekannteren Verlagen mitunter auch. Und Open Access macht genau dieses Geschäftsmodell ja auch attraktiv.
Ich würden IntechOpen, wie oben gesagt, als fragwürdigen Fall einstufen. Auch würde ich selbst bei diesem Verlag nicht publizieren.
Haben Sie mit dem/der Autor:in schon Rücksprache zum Kontext der Publikation gehalten? So bspw. zur Entstehung der Publikation oder wie der Kontakt zum Verlag bzw. den Herausgeber:innen zustande kam?
Helfen können hier vielleicht auch die Empfehlungen von ‚Think.Check.Submit.‘ (https://thinkchecksubmit.org/).
Beste Grüße,
Marc Lange