Zweitveröffentlichung - Definition 'öffentliche Mittel'?

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich würde gerne fragen, ob Sie mir einen Hinweis hinsichtlich der Definition v. ‚öffentlichen Mitteln‘ im Zusammenhang mit dem Zweitveröffentlichungsrecht geben können?
Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist die

  1. erste Auslegung relativ eng und besagt, dass unter öffentlichen Mitteln Drittmittel und auch die Mittel v. außeruniversitären Einrichtungen zu verstehen sind.
  2. zweite Auslegung weiter und bezeichnet mit öffentlichen Mitteln auch Personen- und Sachbudgets v. Forschungseinrichtung und Universitäten im Allgemeinen.

Gibt es dahingehend inzwischen Beispiele, wie diese Unschärfe in der Definition in der Praxis gehandhabt wird?

VG Tobias

Ja, es gibt diese unterschiedliche Auslegung. Mehrheitlich wird aber zur zweiten tendiert, so heißt es etwa in der Handreichung des BMBF zum Urheberrecht (S. 28): „Eine Publikation ist jedenfalls dann zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln entstanden, wenn sie im Rahmen einer öffentlichen Projektförderung oder an einer institutionell geförderten Einrichtung produziert wird. Dies schließt nach überwiegender Ansicht auch die Forschung an den Hochschulen mit ein.“

Die TU9-Universitäten gehen davon aus, dass §38 (4) für den gesamten Hochschulbereich gilt und wenden ihn einheitlich auf alle in Frage kommenden Publikationen an.

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Hier sei auch auf das FAQ zum Zweitveröffentlichungsrecht der Schwerpunktinitiative Digitale Information der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, das leider nicht mehr auf der ursprünglichen Webseite sondern nur noch in archivierter Form mit Stand vom März 2015 vorhanden ist, verwiesen: https://doi.org/10.2312/ALLIANZOA.022

Vielen Dank für die Antworten und Hinweise!
Hilfreich ist auch die Seite der ZB Med

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Erlauben Sie eine kleine Ergänzung: Im aktuellen DINI-Zertifikat 2019 hatten wir (ich schreibe hier als Mitautorin des Zertifikats) uns für eine vorsichtige, aber doch hoffentlich ermunternde Formulierung entschieden, s. Erläuterung zu Mindestkriterium M.4–7 (S. 27):

„Ferner ermöglicht § 38 Abs. 4 UrhG die Zweitveröffentlichung bei Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen (seit 2014). Die Anwendbarkeit auf grundfinanzierte Forschung gilt als ungewiss. Einige Kommentare plädieren dafür, dass sich alle Forschenden aus öffentlich finanzierter Forschung – auch grundständige Hochschulforschung – auf diese Regelung berufen und ihr Zweitveröffentlichungsrecht ausüben können.“

und verweisen auf folgende Quellen:

Vgl. etwa Wandtke/Grunert (2014): § 38 Beiträge zu Sammlungen. Rn. 17. In: Wandtke, Bullinger (Hrsg.): Praxiskommentar zum Urheberrecht. 4. neu bearb. Aufl. München: C.H. Beck, 2014. sowie Peukert: § 38 Beiträge zu Sammlungen. Rn. 45–51. In: Loewenheim et al. (Hrsg.). Urheberrecht : Kommentar. 5., neu bearb. Aufl. München: C.H. Beck, 2017.

An dem eigentlichen Dilemma ändert das nichts. Gewiss würde die Frage wohl erst durch ein Gerichtsurteil – aber dafür müsste ein Verlag zunächst einmal klagen, was bislang nicht erfolgt, auch wenn etwa TU9-Institutionen wie oben erwähnt bereits jetzt auf Basis von 38(4) handeln. Aber vielleicht helfen diese Lektürehinweise bei internen Entscheidungsprozessen…

An der TU Berlin wenden wir 38(4) auch auf grundständig finanzierte Forschung an.

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