Verlagsverträge mit Übertragung der Nutzungsrechte bei gleichzeitiger Vergabe von CC-Lizenzen

Hallo zusammen,

mir sind in den letzten Tagen zwei Verlage begegnet (BMJ und Wolters Kluwer), die in ihren Lizenzvereinbarungen bzw. Verträgen einerseits vorsehen, dass die Autor:innen ihnen ausschließliche Nutzungsrechte übertragen, aber gleichzeitig die Veröffentlichung unter CC BY oder CC BY-NC-ND möglich machen und für eine solche Veröffentlichung dann teilweise auch satte APC verlangen.

Ich versuche gerade noch zu durchdringen, warum Verlage so etwas machen und welche Konsequenzen solche Fälle haben:

  • Wenn der Verlag dann z. B. unter CC BY-NC-ND veröffentlicht, ist er dann der einzige, der die Werke ohne gesonderte Genehmigung kommerziell nutzen darf?

  • CC BY wird in diesen Vereinbarungen nur dann gewährt, wenn es vom Förderer gefordert ist. Rechtlich ist es natürlich möglich, dass sich Verlage die Nutzungsrechte übertragen lassen und dann selbst CC BY vergeben - aber eigentlich ist das auch irgendwie absurd in meinen Augen, und natürlich nicht im Sinne der OA-Prinzipien. Aber es lässt sich offenbar gut damit verdienen.

Kennt ihr ähnliche Fälle? Wie seht ihr solche Praktiken?

Ergänzung:
Unter „Open Access“ ff. gibt es hier Infos zur Praxis bei Wolters Kluwer: https://edmgr.ovid.com/eja/accounts/ifauth.htm und hier zu der von BMJ: https://authors.bmj.com/wp-content/uploads/2020/09/BMJ-Journals-Combined-Author-Licence-November-2018.pdf.

Diese Praxis ist leider nicht so selten :frowning:
Bekannt ist, dass auch im Rahmen der DEAL-Verträge Wiley aktuell Autor*innen Verträge vorlegt, mit denen sie exklusive Nutzungsrechte einräumen - und zwar immer dann, wenn die Autor*innen CC BY-NC oder CY BY-NC-ND gewählt haben (bzw. wählen mussten, weil Option CC BY nicht möglich)

Erhellend ist der vergleichsweise neue Filter „Author retains all rights“ im DOAJ https://doaj.org/search/journals
(Aktuell verzeichnet DOAJ ca. 19.700 Journale – mit Filter „Author retains all rights“ verbleiben ca. 11.000 Zs. Eine Liste der übrigen OA-Zeitschriften lässt sich über den CSV-Export erstellen)

Warum Verlage das machen, darüber lässt sich eigentlich nur spekulieren. Ob es „nur“ an mangelnde Verständnis zu den Zielen von Open Access und CC-Lizenzen liegt? Bin ich nicht sicher…
Ein Verlag (welcher erinnere ich nicht mehr) argumentierte einmal, dass sie nur mit Einräumung der exklusiven Rechte in der Lage sind, die Rechte „ihrer“ Autor*innen gegenüber Dritten zu vertreten bzw. zu enforcen - also gegen (vermeintlich) unzulässige Nutzungen vorzugehen.

Im Alltag ist es tatsächlich nicht leicht, Autor*innen zu erklären, warum es nicht in ihrem Interesse ist, den Verlagen alle Rechte abzutreten („aber Artikel ist doch OA/frei zugänglich“) und sie diese Praktiken häufiger hinterfragen sollten.